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Was ist ein postthrombotisches Syndrom?

Als postthrombotisches Syndrom bezeichnet man krankhafte Folgezustände nach einer Thrombose in den Bein- und Beckenvenen. Bis zur Hälfte aller Patienten mit einer tiefen Venenthrombose sind davon betroffen.

Dabei handelt es sich um die Auswirkungen des behinderten Durchflusses infolge des Blutgerinnsels und/oder des Rückstroms durch nur noch bedingt funktionierende Venenklappen. Symptomatisch ist ein Blutstau in den Beinen, der von einer leichten Schwellung bis zur Bildung von Ödemen und Unterschenkelgeschwüren (Ulcus cruris) reicht.

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Symptome und Verlauf des postthrombotischen Syndroms

In den ersten Wochen des Krankheitsverlaufes spricht man noch von der auslösenden tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose. Im ersten Jahr nach der Thrombose bezeichnet man die Folgen als postthrombotisches Frühsyndrom, danach als postthrombotisches Spätsyndrom. Seine Auswirkungen bleiben ein Leben lang erhalten, da Gefäßschäden nicht rückgängig zu machen sind. Eine Ausnahme hiervon machen operative Verfahren, die die gesundheitliche Situation in einigen Fällen zu bessern vermögen.

Durch die Vernarbungen der Thrombose kommt es zu entzündlichen Prozessen, die die Funktion der Venenklappen weiter einschränken und so einen fortschreitenden Blutstau verursachen. Dieser führt zu einem erhöhten Blutdruck im Venensystem. Es bilden sich Krampfadern. Flüssigkeit strömt aus den Venen in das umliegende Gewebe, sodass Schwellungen und Ödeme auftreten.

Dadurch fühlen sich die Beine zusehends schwerer an. Die Beweglichkeit ist eingeschränkt und es treten Spannungsschmerzen auf. Ödeme breiten sich vorwiegend an Knöcheln und Unterschenkeln aus und die Füße schwellen an. Haut und Unterhaut erhalten zu wenig Blut und damit Sauerstoff und Nährstoffe, sodass die Haut immer dünner wird und sich Verfärbungen und Verhärtungen (Sklerosierungen) ausbilden.

Die eingeschränkte Blutversorgung führt zu Juckreiz, nächtlichen Krämpfen in Waden und Füßen und einer Verschlechterung der lokalen Wundheilung. Bereits nach Bagatellverletzungen treten erhebliche Wundheilungsstörungen auf.

Zudem erhöht sich die Gefahr einer neuerlichen Thrombose, da sich infolge der gestörten Strömungsverhältnisse leichter Blutgerinnsel bilden.

Gibt es Risikofaktoren für ein postthrombotisches Syndrom?

Das postthrombotische Syndrom tritt bevorzugt auf, wenn der Verschluss im Bereich der Beckenvene (Vena iliaca) sitzt und es sich um eine ausgedehnte Thrombose handelt. Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, langes Stehen und fortgeschrittenes Alter. Ansonsten bleiben die Risikofaktoren aller Thrombosen bestehen, besonders Bewegungsmangel, Rauchen und ungesunde Ernährung.

Einteilung des postthrombotischen Syndroms

In der Literatur findet man eine ganze Reihe von Einteilungsmöglichkeiten. Für klinische Belange reicht eine einfache Unterscheidung von vier Schweregraden des postthrombotischen Syndroms vollkommen aus:

Stadium I. Hier liegt nur eine geringe Schwellung durch gestautes Blut vor. Das umliegende Gewebe wird dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Der Patient bemerkt bestenfalls ein leichtes Spannungsgefühl.

Stadium II. Im nächsten Stadium verhärten Haut und Unterhaut, was man als Dermatoliposklerose bezeichnet. Das Spannungsgefühl in der Haut verstärkt sich.

Stadium III zeichnet sich durch eine zusätzliche Beteiligung der Faszien der Muskulatur aus (Dermatolipofasciosclerosis regionalis).

Stadium IV ist durch ringförmige sklerotische Veränderungen am Unterschenkel gekennzeichnet. Zudem treten sich ausdehnende Gewebeschädigungen in Form von Unterschenkelgeschwüren (Ulcus cruris) auf. Diese offenen Stellen sind mit starken Schmerzen verbunden.

Wie stellt man ein postthrombotisches Syndrom fest?

Ein postthrombotisches Syndrom tritt erst nach einer tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose auf, sodass deren Diagnose zeitlich an erster Stelle steht.

Die Untersuchung der Strömungsverhältnisse im Bein erfolgt mit einer Ultraschalluntersuchung, der Dopplersonographie. Mit diesem Verfahren lassen sich Strömungsrichtung und Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in den Gefäßen bestimmen. Durch Phlebographie lassen sich mit einem Kontrastmittel die Venen darstellen und gegebenenfalls Verengungen oder Ausweitungen erfassen.

Wichtig bei einer Bein- und Beckenvenenthrombose ist die Untersuchung der Blutgerinnungsfähigkeit. Diese erfolgt anhand einer Blutprobe in einem kleinen Blutbild, bei dem man die Gerinnungsparameter wie Quick-Wert, partielle Thromboplastinzeit (PTT), Thrombozytenzahl, Antithrombin-III (AT-III), Protein-S und Protein-C erfasst

Tritt beim postthrombotischen Syndrom ein Unterschenkelgeschwür auf, muss man dieses frühzeitig diagnostizieren und behandeln, um eine rechtzeitige Heilung zu gewährleisten und eine langwierige und fortschreitende Erkrankung zu verhindern.

Wie wird ein postthrombotisches Syndrom behandelt?

Bei der Behandlung des postthrombotischen Syndroms stehen Kompressionstherapie und Bewegungstherapie an erster Stelle.

Zur Kompressionstherapie verwendet man Wickel aus speziellen Kurzzugbinden (Pütter-Binden), Kompressionsstrümpfe oder Kompressionsstrumpfhosen, die in den Venen einen hohen Arbeitsdruck und einen niedrigen Ruhedruck gewährleisten. Auch eine zeitweise Hochlagerung der Beine entlastet die Venen.

Dafür ist auch die Bewegungstherapie wichtig. Krankengymnastische Übungen stellen sicher, dass Kraft und Beweglichkeit in den Beinen erhalten bleiben und die Durchblutung gefördert wird. Die physiologisch wichtige Muskelpumpe gewährleistet einen verbesserten Bluttransport.

Eine manuelle Lymphdrainage sorgt dafür, dass Ödeme zurückgehen und Spannungsgefühl und Schmerzen verschwinden. Besteht eine erhöhte Gefahr für das Auftreten weiterer Thrombosen, ist eine gerinnungshemmende Therapie mit Cumarinen sinnvoll.

Selten und nur bei kritisch beeinträchtigter Durchblutung kommen operative Verfahren zum Einsatz. Bei der Stentangioplastie führt man ein Röhrchen in das verengte Gefäß ein, das ausgeweitet die Vene offen hält. Noch seltener kommen Venentransplantationen und künstliche Venenklappen zum Einsatz.

Welche Komplikationen können beim postthrombotischen Syndrom auftreten?

Die gefürchtetste Komplikation eines postthrombotischen Syndroms ist das Unterschenkelgeschwür, der Ulcus cruris. Verminderte Durchblutung führt zu Haut- und Unterhautschäden, die schon bei kleinen Verletzungen Geschwüre und offene Beine verursachen. Minimale Hautwunden heilen kaum ab und weiten sich schnell aus. Selbst kleine Stoßverletzungen können schlecht abheilende offene Stellen auslösen.

Am häufigsten treten diese auf der Innenseite oberhalb der Knöchel auf. Die verschlechterte Wundheilung fördert die Ansiedlung von Keimen in der Wunde, sodass sich Eiter bildet und weitere Gewebeschäden in der Umgebung hinzukommen. Diese können sich so weit ausbreiten, dass bei fortgeschrittener Nekrotisierung eine Amputation unvermeidlich wird.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin: Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des postthrombotischen Syndroms (einschließlich Ulcus cruris). PDF.
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Stuttgart 2016: Herold-Verlag.
  • Wolfgang Piper: Innere Medizin. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag.
  • Ernst Pilger: Venöse Thromboembolie. Stuttgart 2004: Georg Thieme-Verlag.
  • Erika Mendoza: Ratgeber Krampfadern, Beinschwellung und Thrombose. Stuttgart 2016: Springer-Verlag.